PhV BW zum Schuljahresbeginn 2024/2025

5. September 2024

Gym­nasien für G9 gut auf­stellen!

  • Gym­nasien brauchen klare Vor­gaben und Struk­turen bei der Umset­zung von G9, vor allem zen­tral fest­gelegte Stun­dentafeln!
  • Dif­feren­ziertes Schul­sys­tem und Durch­läs­sigkeit zwis­chen den Schu­larten stärken!
  • Beru­fliche Ori­en­tierung am Gym­na­si­um bedeutet vor­rangig Stu­dienori­en­tierung!
  • Dig­i­taler Arbeit­splatz für Lehrkräfte: Hier muss nachgebessert wer­den!
  • IT-Betreu­ung zukun­ftssich­er auf­stellen und endlich adäquate Ressourcen bere­it­stellen!
  • Mit LehrKRAFT in die Zukun­ft der Schü­lerin­nen und Schüler investieren: Mehr Zeit für das Kerngeschäft Unter­richt!

G9 – ja bitte, wir sind dabei!

Der Ver­band für gym­nasiale Lehrkräfte, PhV Baden-Würt­tem­berg, begrüßt die Wiedere­in­führung von G9, fordert jedoch klare Vor­gaben, vor allem bei den Stun­dentafeln und den Inhal­ten. „Bil­dungspoli­tis­che Entschei­dun­gen nach unten weit­erzure­ichen schafft nicht mehr Gestal­tungsspiel­raum für Schulen, son­dern tausende Stun­den Lehrerar­beit­szeit ohne Mehrw­ert!,“ macht Mar­ti­na Scher­er, Lan­desvor­sitzende des Philolo­gen­ver­bands Baden-Würt­tem­berg (PhV BW), deut­lich. Zudem erfordert die Durch­läs­sigkeit zwis­chen den Schu­larten einen ein­heitlichen Rhyth­mus der Fremd­sprachen­folge und Pro­fil­fäch­er: „Die Schü­lerin­nen und Schüler müssen ab Klasse 5 den Über­gang an die weit­er­führende Schule bewälti­gen. In Klasse 7, zwei Jahre später, sollte mit der 2. Fremd­sprache ges­tartet wer­den und ab Klasse 9 begin­nt dann die Ver­tiefung in den Pro­fil­fäch­ern“, so Mar­ti­na Scher­er. „Diese Struk­tur würde wieder einen Wech­sel z.B. von der Realschule auf das Gym­na­si­um ermöglichen.“

Schul­re­for­men

Der PhV begrüßt, dass alle weit­er­führen­den Schu­larten durch die geplante Schul­re­form eine Stärkung der Basiskom­pe­ten­zen und der Infor­matik erfahren. „Die Lan­desregierung hat nun die Chance, in unsere Zukun­ft zu investieren, denn Bil­dung ist die zen­trale Ressource im Län­dle. Die Kinder und Jugendlichen müssen bei der Umset­zung im Fokus ste­hen, denn sie sind es, um die es uns allen gehen muss und geht!“, betont Clau­dia Grimm, Stel­lvertre­tende Lan­desvor­sitzende des PhV BW.

Beru­fliche Ori­en­tierung und Demokratieerziehung

Das all­ge­mein­bildende Gym­na­si­um qual­i­fiziert mit der all­ge­meinen Hochschul­reife für ein Studi­um, daher sollte die beru­fliche Ori­en­tierung hier vor allem der Stu­dienori­en­tierung dienen.

Die Stärkung der Demokratieerziehung ist sehr zu begrüßen. Ein wichtiger Baustein sind die geplanten Klassen­lehrerstun­den in der Unter­stufe, in denen Dialogkul­tur und soziales Ler­nen gefördert wer­den kön­nen.

Die Stärkung der Gesellschaftswis­senschaften hil­ft, bei den vielschichti­gen Her­aus­forderun­gen unser­er Zeit, Resilienz und Prob­lem­lösekom­pe­ten­zen zu schaf­fen.

„Jeden Tag haben wir in der Schule – neben dem Eltern­haus und der gesamten Gesellschaft – den Auf­trag, Schü­lerin­nen und Schüler zur Mündigkeit zu befähi­gen – um damit auch dauer­haft unsere Demokratie zu sich­ern. Respekt, Tol­er­anz, Gewalt­frei­heit und Näch­sten­liebe müssen täglich prak­tiziert wer­den“, so Mar­ti­na Scher­er.

Dig­i­tal­isierung im Bil­dungs­bere­ich – wenig Licht und viel Schat­ten

„Mehr als vierzig Jahre nach dem ersten Emp­fang ein­er E‑Mail in Deutsch­land (3. August 1984) wird es nun auch an den Schulen wahr“, so Mar­ti­na Scher­er, „es soll lan­desweit ein­heitliche Dien­st­mailkon­ten für Lehrkräfte geben.“

Der eben­falls für Sep­tem­ber angekündigte Online-Büroar­beit­splatz bein­hal­tet Büroan­wen­dun­gen, Online-Spe­ich­er, Kalen­der- und Adress­buch­funk­tio­nen. Es wurde erfreulicher­weise hier­für freie Soft­ware gewählt. Der Betreiber Dat­a­port ist außer­dem Anstalt des öffentlichen Rechts und betreut auch nördliche Bun­deslän­der. All dies begrüßt der PhV im Sinne der dig­i­tal­en Sou­veränität.

Lei­der gibt es neben diesen Licht­blick­en auch Schat­ten­seit­en: Die Mailkon­ten sind nur für Lehrkräfte vorge­se­hen, nicht für die Schüler- und Eltern­schaft, nicht für Schul­sozialar­beit­er oder Prak­tikan­tinnen, die auch alle zu den Schulen gehören.

Es sind auch keine Funk­tion­s­mail­post­fäch­er z.B. für Fach­schaften, Ober­stufen­ber­atung oder die Per­son­alvertre­tung vorge­se­hen. Der Mail­spe­ich­er ist mit nur 1 GB ein­deutig zu knapp bemessen. Der PhV fordert hier min­destens das Dop­pelte. Auch der Daten­spe­ich­er ist mit 10 GB nicht aus­re­ichend.

Außer­dem müssen die Offline-Nutzung von Mail, Adress­buch und Kalen­der sowie Back­ups bzw. die Syn­chro­nisierun­gen des Datenbe­stands ermöglicht wer­den.

Ein weit­er­er Man­gel: Der Mes­sen­ger „Three­ma“ wird zwar schon seit ger­aumer Zeit den Lehrkräften zur Ver­fü­gung gestellt, Eltern und Schüler müssten die Lizen­zkosten aber selb­st tra­gen – ein Und­ing! Alter­na­tiv kön­nte das Kul­tus­min­is­teri­um (KM) allen am Schulleben Beteiligten einen selb­st betriebe­nen Mes­sen­ger auf Matrix-Basis zur Ver­fü­gung stellen, wie das in anderen Bun­deslän­dern bere­its geschieht.

Beson­ders schwierig empfind­et der PhV auch den Umgang mit der Zwei-Fak­tor-Authen­tifizierung, denn dabei sind Lehrkräfte meist auf ihr pri­vates Smart­phone angewiesen. Lehrkräfte soll­ten hier­für vom Land z.B. einen Ein­mal­pass­wort-Gen­er­a­tor zur Ver­fü­gung gestellt bekom­men. „Es kann nicht sein, dass die Nutzung pri­vater Endgeräte vom KM voraus­ge­set­zt wird“, so Cord San­tel­mann, der Ref­er­ent des PhV für IT/Medien.

Net­zw­erk­stun­den

In den let­zten Jahren, ins­beson­dere seit der Pan­demie, sind die Net­zw­erk­struk­turen, dig­i­tal­en Dien­ste und Geräteparks (elek­tro­n­is­che Tafeln, Doku­mentenkam­eras, dig­i­tale Endgeräte für Lehrkräfte und Schüler) an den Schulen enorm angewach­sen.

Eigentlich sind die Schul­träger (also bei den Gym­nasien in der Regel die Kom­munen) für Auf­bau und Admin­is­tra­tion der schulis­chen IT zuständig. Die Haupt­last der IT-Betreu­ung an den Schulen wird aber laut ein­er Umfrage des Lan­desrech­nung­shofs von den Lehrkräften allein oder in Zusam­me­nar­beit mit dem Schul­träger geleis­tet. Diese mit der IT-Betreu­ung befassten Lehrkräfte bekom­men laut ein­er Vorschrift von 1998 (!) für die Betreu­ung der riesi­gen Schul-IT offiziell max­i­mal zwei Anrech­nungsstun­den Unter­richt­ser­mäßi­gung, das entspricht ca. 142 Zeit­stun­den oder ca. 3,5 Arbeitswochen Arbeit­sleis­tung ein­er Lehrkraft. (Vgl. PM des PhV vom 19.08.2024 „PhV BW zu prekär­er IT-Betreu­ung an all­ge­mein­bilden­den Gym­nasien“, unter https://www.phv-bw.de/phv-bw-zu-prekaerer-it-betreuung-an-allgemeinbildenden-gymnasien/ )

De fac­to wird sehr viel mehr Arbeit­szeit benötigt, sodass die Lehrkräfte die IT-Betreu­ung zum großen Teil sozusagen ehre­namtlich leis­ten. Cord San­tel­mann verdeut­licht: „Viele Gym­nasien haben eine IT wie mit­tel­große Unternehmen, die fes­tangestellte IT-Betreuer in Vol­lzeit beschäfti­gen!“

Der PhV BW fordert daher: Die IT-Betreu­ung der Schulen muss drin­gend gestärkt wer­den. Entwed­er müssen die Kom­munen für zeit­na­hen pro­fes­sionellen Sup­port sor­gen oder das KM muss die Anrech­nungsstun­den für die Net­zw­erk­ber­ater, Moo­dle-Admins, Tablet-Betreuer usw. bedarf­s­gerecht auf­s­tock­en.

Attrak­tiv­ität des Lehrberufes steigern: „Wenn nicht jet­zt, wann dann?“

Ab dem Schul­jahr 2032/33 dür­fen wir mit einem Mehrbe­darf von 2 000 Dep­u­tat­en rech­nen: „Wer, wenn nicht die Lehrkräfte vor Ort, kön­nten bess­er für den Beruf wer­ben?“ fragt Mar­ti­na Scher­er. „Doch nur wenn ich als Lehrper­son mit guten Arbeits­be­din­gun­gen, in einem angenehmen und wertschätzen­den Kli­ma arbeit­en darf, kann ich Schü­lerin­nen und Schüler für den Lehrerberuf begeis­tern.“

Fol­gende Punk­te kön­nten die Nach­wuchs­gewin­nung verbessern:

  • Kleinere Klassen und Ver­ringerung des Dep­u­tats für mehr Zeit und Qual­ität.
  • Alle Auf­gaben als Lehrkraft müssen als Arbeit anerkan­nt, Mehrar­beit muss vergütet oder aus­geglichen wer­den.
  • Lauf­bah­n­per­spek­tiv­en wieder­her­stellen: Der Beförderungsstau muss beseit­igt, Auf­stiegsmöglichkeit­en müssen verbessert wer­den.

„Wir bieten den poli­tis­chen Entschei­dungsträgern, der Regierung und Ver­wal­tung weit­er unsere Exper­tise an!“, so schließt Mar­ti­na Scher­er. „Erfahrun­gen in und aus der Prax­is müssen wert­geschätzt und genutzt wer­den. Davon prof­i­tieren alle Beteiligten!“

Anhang


Quelle: Lan­desrech­nung­shof BW, Denkschrift 2024, S. 80,
https://rechnungshof.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/Denkschriften/Denkschrift_2024/Denkschrift2024.pdf

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An den Gym­nasien des Lan­des Baden-Würt­tem­berg wer­den knapp 300.000 Schü­lerin­nen und Schüler unter­richtet. Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg e.V. (PhV BW) ver­tritt mit über 9.000 im Ver­band organ­isierten Mit­gliedern die Inter­essen der Lehrerin­nen und Lehrer an den 462 öffentlichen und pri­vat­en Gym­nasien des Lan­des.

Im gym­nasialen Bere­ich hat der Philolo­gen­ver­band BW sowohl im Haupt­per­son­al­rat beim Kul­tus­min­is­teri­um als auch in allen vier Bezirksper­son­al­räten bei den Regierung­sprä­si­di­en die Mehrheit und set­zt sich dort für die Inter­essen der ca. 26.500 Lehrkräfte an den Gym­nasien des Lan­des ein.

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